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Verfahren zur Praxisbewertung - ein aktueller Überblick

1. Vorbemerkung

Die Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen stellt einen Sonderfall der Unternehmensbewertung dar. In der gewerblichen Wirtschaft werden Unternehmensbewertungen in der Regel nach dem Ertragswertverfahren durchgeführt. In jüngster Zeit gewinnen bei börsennotierten Großunternehmen auch die in Amerika entwickelten DCF (Discounted Cash Flow)- Verfahren an Bedeutung. Im Gegensatz zu diesen Vorgehensweisen herrscht bei der Bewertung von (Zahn-)Arztpraxen noch immer eine kaum zu überbietende Vielfalt von Bewertungsmethoden und -ansätzen, die dem betroffenen Zahnarzt eine Beurteilung der Bewertungsergebnisse erschweren. Im nachfolgenden Beitrag soll zunächst die derzeit übliche Vorgehensweise bei der Bewertung von (Zahn-)Arztpraxen dargestellt und anschließend ein Überblick über weitere Bewertungsverfahren gegeben werden

2. Überlegungen, die bei allen Unternehmensbewertungen gleichermaßen gelten

Die Betriebwirtschaftslehre hat eine Reihe von Grundsätzen entwickelt, die unabhängig von der Art der zu bewertenden Unternehmung berücksichtigt werden sollten und seitens des Instituts der Wirtschaftsprüfer in dem IDW - Standard S1 zusammengefasst sind1. Die bei allen Unternehmensbewertungen anzuwendende grundsätzliche Vorgehensweise besteht darin, dass - basierend auf den in der Vergangenheit erzielten Umsätzen, Kosten und Gewinnen - eine Prognose der zukünftig erzielbaren Umsätze, Kosten und Gewinne erstellt wird. Die prognostizierten Gewinne sind auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen. Die Summe der abgezinsten Gewinne stellen den Unternehmenswert dar. Der IDW erkennt andere Bewertungsverfahren nicht mehr als dem aktuellen "Stand der Kunst" entsprechend an.

Ausgehend von diesem Grundsatz sind bei der Bewertung von (Zahn-)Arztpraxen Modifikationen erforderlich, welche den besonderen Gegebenheiten dieser "Unternehmensform" (sozialpolitisches Umfeld und praxisspezifische Gegebenheiten) Rechnung tragen und sich bei den modifizierten Ertragswertverfahren wie folgt darstellen:

3. Besonderheiten, die bei der Bewertung von (Zahn-)Arztpraxen zu berücksichtigen sind

 

3.1 Goodwill - Reichweite

Eine Praxis ist - im Gegensatz zu einem gewerblichen Unternehmen - stark personengebunden und wird von dem Vertrauen geprägt, welches dem Praxiseigentümer entgegengebracht wird. Dieser Umstand wird berücksichtigt, indem bei der Abzinsung der prognostizierten Erträge lediglich der Zeitraum berücksichtigt wird, der voraussichtlich bis zur "Verflüchtigung" des Goodwills des die Praxis abgebenden Praxisbetreibers verstreicht (in dem gleichen Zeitraum baut der Praxiskäufer seinen eigenen Goodwill auf). In der Regel wird bei der Bewertung von Praxen ein Zeitraum zwischen zwei und maximal fünf Jahren gewählt. Von zentraler Bedeutung bei der Wahl der Goodwill - Reichweite ist die Angebots- und Patientenstruktur der zu bewertenden Praxis: Je höher der Anteil an Privatpatienten und Privatleistungen ist, desto geringer wird im allgemeinen die Goodwill - Reichweite veranschlagt werden, weil für einen potentiellen Käufer das Risiko, die betreffenden Patienten zu verlieren, größer ist als bei Kassenpatienten.

 

3.2 Berücksichtigung der Substanz

Mit der Festlegung einer "Goodwill - Reichweite" wird - wie im vorherigen Abschnitt erläutert - unterstellt, dass nach Ablauf des gedanklich angesetzten Zeitraumes die "alte" Praxis nicht mehr existiert und eine "neue" Praxis entsteht. Dies hat zur Folge, dass der materielle Wert der Praxis entsprechend den Vorgaben des IDW S1 für zeitlich begrenzt fortgeführte Unternehmen in die Bewertung einfließen muß. Als Konsequenz hieraus ist im Rahmen einer Praxisbewertung der auf den Bewertungsstichtag abgezinste "Liquidationswert" (Übernahmewert) der Praxiseinrichtung zu ermitteln, was sonst im Rahmen eines Ertragswertverfahrens unter der Prämisse, dass das Unternehmen fortgeführt wird, nicht üblich ist.

 

3.3 Kalkulatorischer (Zahn-)Arztlohn

Durch die Übernahme einer Praxis verzichtet der (Zahn-)Arzt auf eine anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft. Deshalb muss der erzielte Praxiserfolg um einen kalkulatorischen (Zahn-)Arztlohn gekürzt werden. Dieses Entgelt stellt einen Kostenbestandteil der (Zahn-)Arztpraxis für die entgangene Vergütung hinsichtlich der möglichen Verwertung persönlicher Arbeitsleistungen außerhalb der eigenen Praxis dar.

Für die Höhe des kalkulatorischen Arztlohnes gibt es keine verbindlichen Angaben. Angesetzt werden sollte ein Betrag, der für einen entsprechend qualifizierten Entlastungsassistenten bei vergleichbarer Arbeitsbelastung derzeit am Arbeitsmarkt bezahlt wird.

 

3.4 Ersatzinvestitionen

Um die ärztlichen Leistungen der jeweiligen Fachrichtung erbringen zu können, muss der Praxisinhaber eine bestimmte Geräte- und Praxisausstattung vorhalten. Da die meisten (Zahn-)Arztpraxen nicht bilanzieren, sondern eine Einnahmen- Überschussrechnung gem. § 4 Abs.3 EstG erstellen, kann man die materielle Praxisausstattung und die in der Vergangenheit erfolgten Investitionen dem Anlagespiegel entnehmen. Die Investitionen wirken sich rechnerisch bzw. finanziell jedoch "nur" über die Ausgabeposition "Abschreibungen" auf den Jahresgewinn aus.

Bei der Ertragsprognose ist zu überlegen, welche Ersatz- (nicht Erweiterungs!-) Investitionen anstehen bzw. nötig sind, um den in der Vergangenheit erzielten Erfolg auch in dem zu berücksichtigenden Prognosezeitraum fortschreiben zu können. Hierbei wird zum einen auf die Angaben des bisherigen Praxisinhabers zu den geplanten Ersatzinvestitionen zurückgegriffen, und zum anderen werden die bei der Praxisbegehung und Bewertung des Anlagevermögens festgestellten Investitionserfordernisse mit einbezogen. Auf der Basis des so festgestellten Investitionsbedarfes werden jährliche, "kalkulatorische" Abschreibungen berechnet, die dann in die jeweilige Erfolgsprognose mit einfließen. Bei neu eingerichteten Praxen müssen geringere Beträge angesetzt werden als bei sogenannten "Alterspraxen", in die über mehrere Jahre kaum noch Investitionen geflossen sind und deren Substanz daher überaltert ist

4. Bewertungsrelevante Besonderheiten, die sich aus den Unterschieden zwischen gewerblichen Unternehmen und (Zahn-)Arztpraxen ableiten lassen

 

Aus den wichtigsten Unterschieden zwischen einer (Zahn-)Arztpraxis und einem gewerblichen Unternehmen lassen sich zwanglos eine Reihe von Gesichtspunkten ableiten, welche bei der Bewertung von (Zahn-)Arztpraxen berücksichtigt werden müssen:

Tabelle 1
  Gewerbliches Unternehmen Zahnarztpraxis
1 kann seine Angebotspalette frei bestimmen kann nur die Leistungen anbieten, die gemäß Gebührenordnung auch abgerechnet werden können
2 ist bei der Preisgestaltung frei ist bei der Preisgestaltung an Gebührenordnungen gebunden, unterliegt der Budgetierung
3 kann entsprechend den Markterfordernissen beliebige Quantitäten an Produkten oder Dienstleistungen anbieten ist im Umfang des Leistungsangebots auf die Arbeitskapazität des behandelnden Zahnarztes beschränkt
4 Ziel: i.d.R.: Gewinnmaximierung; kann in der Regel die Geschäftsführung austauschen Ziel: Behandlung von Patienten unter Beachtung von berufsethischen und sozialpolitischen Vorgaben sowie ökonomischen Erfordernissen; ist an die persönliche Leistungserbringung des Zahnarztes gebunden
 

4.1 Leistungsspektrum

Da die Angebotspalette für den Kassen(zahn)arzt auf gegenüber den Krankenkassen abrechenbare Leistungen beschränkt ist (- vgl. Tabelle, Punkt 1; alternative Therapieformen wie Akupunktur, Hypnosebehandlungen u.s.w. werden in Rahmen dieser Betrachtung vernachlässigt, da sie nur für wenige spezialisierte Praxen von Bedeutung sind -), findet der Leistungswettbewerb hauptsächlich statt über

Da die Verhältnisse im Kassen(zahn)arztrecht mangels ausreichender Honorierung eine optimale Versorgung nicht zulassen, ist der Behandler gezwungen, einen akzeptablen (und nicht genau zu definierenden) Kompromiss bei Behandlungsaufwand und Behandlungsqualität zu finden.

Eine Praxis, deren Leistungsangebot sich auf konservierend- chirurgische Leistungen, Prothetik und (etwas) Parodontologie beschränkt, ist sicherlich gegenüber einer Praxis, die zusätzlich z.B. Implantologie, Prophylaxe und computergefräste Restauration anbieten und abrechnen kann, im Nachteil. Allerdings muss jeder Zahnarzt sich die unternehmerische Entscheidung, welche "Produkte" seine Angebotspalette erweitern sollen, genau überlegen und seine Wahl auf seine Behandlungsweise einerseits und seine Patienten andererseits abstimmen.

 

4.2 Preisgestaltung

Da die Zahnärzte bei der Preisgestaltung nicht frei sind (vgl. Tabelle Punkt 2), sondern die Vorgaben der gesetzlichen Gebührenverordnungen zu beachten haben, müssen bei Praxiswertermittlungen Annahmen über die "Marktbedingungen", unter denen der Zahnarzt in Zukunft zu arbeiten hat, gemacht und im Gutachten erläutert werden. Wichtige Fragestellungen hierbei sind zum Beispiel:

Diese Aufzählung ist nicht vollständig, kann aber einen Eindruck vermitteln, wie komplex die Aufgabe ist, eine seriöse Praxiswertermittlung zu erarbeiten.

 

4.3 Leistungsmenge

Die "Leistungsmenge", die der Zahnarzt erbringen kann (vgl. Tabelle Punkt 3), ist bei der vorhandenen Patientenstruktur und der Angebotsstruktur der Praxis auch davon abhängig, welche Leistungen aus dem möglichen Behandlungsangebot tatsächlich erbracht werden.

Jeder Zahnarzt weiß, dass es Arbeiten gibt, die (ökonomisch, nicht medizinisch betrachtet) profitabler sind und andere, die weniger wirtschaftlich (oder gar unwirtschaftlich) sind (Beispiel: Setzen zweier Implantate regio 24, 25 mit nachfolgender prothetischer Versorgung versus Wurzelspitzenresektion an 24 und 25 und nachfolgender Füllungstherapie: der Zeitaufwand ist in etwa gleich, das Honorar nicht). Die Weise, wie der Zahnarzt seine Arbeitskraft einsetzt, berührt nicht nur unmittelbar das Wohl seiner Patienten, sondern auch den Umfang seiner Einnahmen und damit auch seinen Gewinn.

 

4.4 Persönliche Leistungserbringung

Da der Zahnarzt in seiner Funktion als (fast) einziger Leistungserbringer (vgl. Tabelle Punkt 4) nicht austauschbar ist, muss eine Praxiswertermittlung sich auch mit der Frage beschäftigen, wie die persönliche Bindung der Patienten an den Zahnarzt berücksichtigt (und in Geld ausgedrückt) werden kann. Objektive Kriterien hierfür gibt es nicht. In der Regel muss man sich mit gedanklichen Hilfskonstruktionen behelfen, die sich auf folgende Gesichtpunkte konzentrieren:

Basiszinssatz und Risikozuschlag ergeben zusammen den Zinssatz, mit dem die in der Zukunft erwarteten Erträge auf den Bewertungszeitpunkt abgezinst werden. Mit "Abzinsung" wird ein finanzmathematisches Verfahren bezeichnet, mit dessen Hilfe insbesondere bei der Anwendung von modifizierten Ertragswertverfahren in der Zukunft anfallende Geldbeträge auf ihren Gegenwartswert bzw. auf den Wert zu einem bestimmten Stichtag umgerechnet werden können.

5. Kritik des modifizierten Ertragswertverfahrens

 

5.1 Nachteile

 

5.2 Vorteile

Die wichtigsten Vorteile der (modifizierten) Ertragswertverfahren sind im wesentlichen darin zu sehen, dass:

Aus unserer Sicht ist trotz der dargelegten Schwierigkeiten ein (modifiziertes) Ertragswertverfahren allen anderen Bewertungsverfahren überlegen, weil nur auf diese Weise eine nachvollziehbare und zukunftsbezogene Analyse und Bewertung des "Unternehmens (Zahn-)Arztpraxis" vorgenommen werden kann.

6. Darstellung und Kritik von anderen bei der Bewertung von (Zahn-)Arztpraxen noch gebräuchlichen Bewertungsverfahren

6.1 Substanzwertverfahren

Unter Substanzwert versteht man den tatsächlichen Wert aller materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter, aus denen die Praxis besteht. Der Substanzwert setzt sich zusammen aus:

Der Teilreproduktionswert wird ermittelt, indem man das gesamte Inventar der Praxis zu Wiederbeschaffungspreisen bewertet (=Reproduktionswert) und den so ermittelten Wert um die tatsächlichen, durch Abnutzung aufgetretenen Wertminderungen korrigiert. Bei der Beurteilung der Wertminderungen ist nicht nur der technische Zustand der Einrichtungsgegenstände, Geräte und Materialien von Bedeutung, sondern auch die Funktionalität des Praxisinventars zu berücksichtigen; es ist also von Bedeutung, ob die verschiedenen Komponenten des Praxisinventars gut aufeinander abgestimmt sind oder nicht. Diese Verfahrensweise dient dazu, die im Inventar enthaltenen "stillen Reserven" aufzulösen und den tatsächlichen Gebrauchswert der Praxis zu bestimmen.

Der originäre Praxiswert (Firmenwert, Goodwill) entspricht in der Wirtschaftstheorie dem Wert der nicht bilanzierungsfähigen Wirtschaftsgüter (wie Patientenstamm, "Ruf" der Praxis, Organisationsgrad, Qualifikation des Personals usw.) In der Praxis ist es nicht möglich, den originären Praxiswert in seine Komponenten zu zerlegen. Man behilft sich, indem man bestimmte Messzahlen aus der Bilanz bzw. der Einnahmenüberschussrechnung ermittelt und als Grundlage zur Berechnung des originären Praxiswertes verwendet:

 

6.1.1 Umsatzmethode

Aus den Umsätzen der letzten 3 - 5 Jahre wird das arithmetische Mittel der Jahresumsätze gebildet. Vom originären Praxiswert wird angenommen, dass er zum Beispiel 25% eines so ermittelten Jahresumsatzes beträgt. Individuelle Praxismerkmale, welche auf eine positive oder negative Veränderung des "Goodwills" hindeuten (z.B. Qualifikation des Personals, Organisation der Praxisabläufe usw.), werden durch Zu- oder Abschläge berücksichtigt.

 

6.1.2 Gewinnmethode

Aus den Gewinnen der letzten 3 - 5 Jahre wird das arithmetische Mittel der Jahresgewinne gebildet. Vom originären Praxiswert wird angenommen, dass er zum Beispiel 50% eines so ermittelten Jahresgewinnes beträgt. Individuelle Praxismerkmale werden wie unter "Umsatzmethode" beschrieben berücksichtigt.

 

6.1.3 Kritik der Substanzwertverfahren

 

6.1.3.1 Nachteile

Die Kritik an der Substanzwertermittlung setzt im wesentlichen an folgenden Punkten an:

 

6.1.3.2 Vorteile

Zu Gunsten der Substanzwertermittlung spricht, dass das Verfahren relativ leicht durchführbar ist und in der Praxis auch heute noch gebräuchlich (z.B. bei Bewertungen durch Dentaldepots) ist. Die Rechtsprechung akzeptiert das Substanzwertverfahren (noch) als ein mögliches Verfahren zur Ermittlung des Praxiswertes.

 

6.2 Die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Ermittlung des Praxiswertes

Auch bei der "Richtlinie der Bundesärztekammer zur Bewertung von Arztpraxen" aus dem Jahre 1987 handelt es sich im Prinzip um eine Substanzwertermittlung, wenn auch der Ansatz eines "kalkulatorischen Arztlohnes" bei der Ermittlung der originären Praxiswertes das Substanzwertprinzip durchbricht: "Von dem für die Praxis ermittelten durchschnittlichen Jahresumsatz ist ein kalkulatorischer Arztlohn für den Praxisinhaber (Jahresgehalt eines Oberarztes nach 1 b BAT, brutto, verheiratet, 2 Kinder, Endstufe, ohne Mehrarbeitsvergütung) in variabler Höhe, gemessen an nachfolgenden Umsatzgrößen, abzusetzen: Bei einer Umsatzgröße ab DM 50.000 / 100.000/ 200.000 / 300.000 sind jeweils 25 / 50 / 75/ 100% des zugrundegelegten Gehaltes abzusetzen. Ein Ansatz entfällt bei einer Umsatzgröße unter DM 50.000."
Der Ansatz eines "kalkulatorischen Arztlohnes" im Rahmen der "Ärztekammerrichtlinie" ist jedoch umstritten, weil bei der Ermittlung des Praxiswertes eine Vermögensgröße bestimmt wird, ein kalkulatorischer Arztlohn hingegen eine Einkommensgröße darstellt.

Obwohl die o.a. Richtlinie der Bundesärztekammer nie offiziell verabschiedet worden ist, hat sie dennoch in der Praxis eine gewisse Verbreitung gefunden, führt aber bei vielen Ärztegruppen angesichts von Budgetierungen, Punktwertentwicklung usw. zu unrealistischen Ergebnissen.

 

6.3 Mischformen zwischen Substanz- und Ertragswertverfahren

Es sind zahlreiche Ansätze unternommen worden, um Substanz- und Ertragswertverfahren miteinander zu kombinieren. Die wichtigsten sind:

Auf eine Darstellung dieser Verfahren wird im Rahmen dieses Beitrags verzichtet. Hingewiesen werden soll an dieser Stelle noch auf Kombinationsverfahren, die in der Praxis eine gewisse Verbreitung gefunden haben und bei denen wie folgt vorgegangen wird:

Zur Ermittlung des materiellen Wertes der Praxis wird der Teilrekonstruktionswert (vgl. Substanzwertverfahren) bestimmt, wobei auf den Wert der Praxiseinrichtung für einen potentiellen Betreiber der Praxis abgestellt wird. Damit ist gemeint, dass man den materiellen Praxiseinrichtungsgegenständen denjenigen Wert zubilligt, der ihnen im Zusammenhang der Praxiseinrichtung zukommt (und nicht den - geringeren - (Teil-)wert, der ihnen bei Einzelverkauf der Praxiseinrichtungsgegenstände an einen Dritten zuzubilligen wäre).

Für die Ermittlung des immateriellen Praxiswertes (Goodwill) wird im Rahmen dieser Verfahren wie folgt vorgegangen: Zunächst wird aus dem durchschnittlichen Umsatz und/oder durchschnittlichen Gewinn ein sogenannter "Basiswert" gebildet, der als Ausgangsgröße für die Ermittlung des Goodwill dient. Die einzelnen Faktoren, die den Goodwill beeinflussen wie zum Beispiel Umsatz, Gewinn, Patientenstamm, Praxisorganisation, Mitbewerbersituation, Lage der Praxis usw. werden qualitativ (z. B. mittels einer Punkteskala) bewertet und untereinander gewichtet. Auf diese Weise wird ein Multiplikator für den Basiswert ermittelt. Dieser Multiplikator modifiziert den Basiswert abhängig von der Qualität der einzelnen immateriellen wertbildenden Faktoren nach oben oder unten.

Der Praxiswert errechnet sich dann aus der Addition von materiellem Wert der Praxis und Goodwill.

Über die beim Substanzwertverfahren erläuterten Kritikpunkte hinaus ist bei dieser Vorgehensweise vor allem kritisch anzumerken, dass die Gewichtung der den Goodwill beeinflussenden Faktoren nicht objektivierbar ist. Auch können in der Zukunft erwartete Entwicklungen der zu bewertenden Praxis nur qualitativ und nicht quantitativ in die Wertermittlung einfließen.

7. Schlussbemerkung

Ein Praxiswertgutachten sollte nachvollziehbare und realistische Antworten auf die oben angesprochenen Problemkreise anbieten. Abhängig von der gewählten Bewertungssystematik können die verschiedenen angesprochenen Gesichtspunkte zwar unterschiedlich gewichtet sein, aber kaum völlig unbeachtet bleiben. Der Auftraggeber sollte den Sachverständigen um Aufklärung bitten, wenn im Gutachten enthaltene Annahmen, Wertansätze oder Bewertungskriterien unklar formuliert oder unzureichend begründet sind.


1 IDW - Standard S1: Grundsätze der Unternehmensbewertung, Stand Oktober 2005, IDW - Verlag, Düsseldorf


Autoren des Artikels:

Dr. Detlev Nies
öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen

Katja Nies
Diplomvolkswirtin
Sachverständige für die Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen


Sachverständigensozietät Dr. D. Nies und K. Nies